Wendepunkt Portugal

Mein geliebtes Lagos, Portugal

Unter der Kategorie Meine Geschichte will ich ein bisschen mehr über mich schreiben und wo ich herkomme. Ich beginne mit meiner großen Liebe, Portugal. Dieser Urlaub war ein bedeutender Wendepunkt.

Mit 28 beschloss ich mit meiner psychisch auffälligen und sehr spontanen und lustigen Freundin nach Portugal zu fliegen. Ich nenne sie mal Sabine. Wir wollten meinen Vater in Santa Cruz besuchen.

In Krefeld ließ ich einen Burn-out, einen ungeliebten Job und 1,5 Jahre Therapie hinter mir.

Da Santa Cruz ein kleines, verschlafenes Städtchen ist, wo nicht viel los ist, war schnell klar, dass wir dringend an die Algarve müssen. Gesagt, getan. Zusammen mit meinem Vater einen Mietwagen ohne Kreditkarte an Land gezogen und dabei beinahe unser letztes Geld ausgegeben. Sabine sollte die nächsten Tage Geld kriegen, also gar kein Problem. 😉 Das Auto war vollgetankt und los ging’s.

Wie immer mit Sabine war die Autofahrt ein Mix aus unglaublich tiefenanalytischen Gesprächen und komplett verrücktem Nonsens. Lachen bis der Bauch wehtut.

An der Algarve angekommen beschlossen wir intuitiv, dass es Lagos werden wird.

Lagos, ein Traum

Was für ein wunderschönes Fleckchen Erde, die urige Altstadt mit den Bars, die Avenida mit den Palmen am Meer und die kleinen Strände. Im April war noch nicht so viel los und die Sonne schien die ganze Zeit. Es waren ungefähr 22 Grad und wir fühlten uns großartig.

Ein kostenloser Parkplatz oberhalb der Altstadt war schnell gefunden, das wurde auch unser Hotel, da wir im Auto schlafen wollten, warm genug war’s ja. Danach stürzten wir uns ins Nachtleben. In einem kleinen Café eben unser bisschen Geld auf den Kopf hauen und leckere Hamburger essen. Natürlich mit einem Super Bock dabei. In der Bar Eddie’s war pünktlich zu unserem Eintreffen Happy Hour. Ein Cocktail für 2 Euro. Wir konnten es nicht fassen. In der Stunde gingen viele Tequila Sunrises und Sex on the Beach über die Ladentheke.

Sabine hat sich direkt den Barkeeper ausgesucht, Scott. Langhaariger Surfer typ aus Amerika. Sie war in ihren Element. Gut für unser Portemonnaie, wir haben nichts bezahlt an diesem Abend.

Edgar und seine Freunde

Etwas später am Abend kam eine Gruppe Portugiesen ins Eddie’s. Unter ihnen war mein Mann Edgar, aber der ist mir an diesem Abend nicht echt aufgefallen. Ich habe mich sehr lange mit seinem kleineren Freund unterhalten. Mit Edgar auch zwischenzeitlich, er war verrückt nach Musik und er kannte alle meine Lieblingsbands. Jetzt weiß ich, dass er da schon sehr an mir interessiert war, aber das ist an diesem Abend völlig untergegangen.

Mein Portugiesisch war praktisch inexistent und mein Englisch ziemlich eingerostet, aber das war egal. Eine lustige Runde war es auf jeden Fall. Was meine Sabine unterdessen getan hat, wusste ich nicht, aber sie würde schon wieder auftauchen.

Das tat sie auch. Sie war mit Scott unterwegs gewesen und wirkte ziemlich entspannt. Was ich raushören konnte war ein kleines sexuelles Abenteuer, das in einer kleinen Gasse stattgefunden hat. 

Mittlerweile wusste ich, dass Scott natürlich eine Freundin hat, aber das war für sie kein Hinderungsgrund. Er könnte sich ja doch für sie entscheiden. Natürlich 😉

Der kleine Portugiese

Ich habe mich auch in der Zwischenzeit in einer Nachbarbar eben alleine mit dem kleineren Portugiesen unterhalten und wir waren auf einer Wellenlänge was alle schnell abgegrasten Themen betraf. Wir haben uns auch geküsst, soweit ich mich noch erinnern kann. Er war ein Charmeur und gut küssen konnte er auch.

Etwas später stand Scott dann vor seiner nun doch erschienenen Freundin mit einem Blumenstrauß. Mit dem Resultat, dass meine Freundin mal wieder in Tränen aufgelöst war wegen eines Kerls. Wir sind dann schnell abgezogen, um in unserem gemütlichen Auto Zuflucht zu suchen.

Am nächsten Morgen wurden wir von einem wunderschön sonnigen Tag geweckt. Ein bisschen verkatert, aber ansonsten wie immer positiv gestimmt, zogen wir mit unseren Waschutensilien los. Unser Ziel war der Burger King, dort haben wir uns ein bisschen frisch gemacht. Dann erst mal auf zur Bank und unsere Konten plündern. Mein Konto gab nichts her und Ihres 50 Euro, aber es sollte ja noch mehr kommen. Dann haben wir uns ein leckeres Mittagessen auf der Avenida gegönnt. In der Sonne sitzen, super leckeres Essen genießen und relaxen. Der kleine Portugiese und ein Freund von ihm kamen vorbei und haben sich zu uns gesetzt. Wir haben den ganzen restlich Tag mit ihnen verbracht. Sie haben uns schöne Plätze gezeigt und natürlich landeten wir am Nachmittag wieder im Eddie’s. The same procedure as every year. Happy hour Cocktails und Super Bock haben ihren Zweck erfüllt. Der kleine Portugiese wurde immer interessanter für mich. Er hatte Humor und ein tolles Lächeln. Wir haben Telefonnummern ausgetauscht.

An diesem Abend habe ich auch seine Schwester und ihren Mann kennengelernt. Sie ist noch heute einer meiner besten Freundinnen. Wir sind beide von 1974 und haben uns direkt super verstanden. Das passiert mir sowieso öfter. Super Jahrgang!

Die Engländer

Sabine hat sich an diesem Abend einen Engländer geangelt, der mit seinem Freund an der Algarve Golfurlaub machte. Den Freund hatte ich dann an der Backe. Der kleine Portugiese war augenscheinlich sehr eifersüchtig, aber das habe ich negiert. Ich stehe nicht so auf Eifersucht. Mit dem Engländer habe ich mich gut verstanden, er war lustig. Der Portugiese war angesäuert und hat ziemlich blöd reagiert. Daraufhin haben wir beschlossen zu gehen und die Engländer haben sich uns natürlich angeschlossen. Ihr Hotel lag dicht bei unserem Auto und sie nahmen uns im Taxi mit. Ihr Plan war, uns mitzunehmen in ihr Hotel. Sabine wollte mit. Vor dem Hotel gab es eine Diskussion und ich zog ab mit dem Autoschlüssel. Glücklicherweise kam sie hinter mir her. Ich hatte kein gutes Gefühl bei diesen Zwei.

Unser Dusch-Abenteuer

Natürlich hatten wir das Bedürfnis zu duschen nach 2 Tagen. Direkt hinter unserem Auto war ein Campingplatz für Militärs der portugiesischen Armee mit einer hohen Mauer und einem verschlossenen Tor.  Sabine war überzeugt, dass wir da reinkommen und ich wollte unbedingt duschen. Wir standen also vor dem verschlossenen Tor und Sabine drückte auf dem Panel herum. Das Tor öffnete sich!….. Unglaublich. Nichts wie rein. Wir versuchten unauffällig zu sein und schnell eine Dusche zu finden. Glücklicherweise war es April und nichts los. Wir haben niemanden gesehen. Typische Sabine-Olivia Aktion. Super!

Der Holländer

Gestärkt von der Dusche gingen wir zur Bank und tatsächlich Sabine hatte endlich das Geld drauf. Wir gingen erst mal essen und Sabine kaufte sich mal wieder Kleidung und Schuhe.

Es war schon wieder Happy hour Zeit. Mittlerweile kannten wir die Menschen, die im Eddie’s abhingen und wir fühlten uns fast wie Einheimische. Von dem kleinen Portugiesen hatte ich nichts mehr gehört. Wir verbrachten einen ruhigen Abend und lernten einen Holländer kennen, der mit einem Camper durch Portugal fuhr. Ich habe viel Spaß gehabt und Sabine war mit einem Portugiesen namens Vasco verschwunden. Der Holländer und ein paar andere und ich haben am Meer noch etwas getrunken und geraucht. Danach sind wir noch zu seinem Camper gegangen und dann weiß ich nicht mehr viel. Ich bin am nächsten Morgen im Camper aufgewacht und fühlte mich schrecklich. So etwas habe ich noch niemals mitgemacht. Dass ich nicht mehr weiß, was passiert ist und dann noch mit jemandem, den ich nicht kenne. Er war sehr freundlich und wollte mich zu meinem Auto bringen. Ich wollte aber einfach nur weg. Danach habe ich mich so geärgert, dass ich ihn nicht gefragt habe, was passiert ist, aber ich habe mich so geschämt.

Später bin ich mit Sabine beim Camper vorbeigefahren, aber er war weg. Das hat noch einmal ein schlechteres Gefühl bei mir hinterlassen. Das ist mit Abstand eine der gefährlichsten Situationen, in denen ich mich jemals befunden habe.

Aber mein Schutzengel hat mal wieder gute Arbeit geleistet, wie immer.

Der letzte Abend

Von dieser schlechten Erfahrung haben wir uns aber nicht runterziehen lassen. Nachdem wir alles bis ins kleinste Detail ausdiskutiert haben, sind wir an unserem letzten Abend natürlich noch einmal ins Eddie’s gegangen, schließlich musste ich meinem kleinen Portugiesen noch einmal wiedersehen.

Und so kam es schließlich auch. Wir haben den Abend zusammen verbracht und waren nachts am Strand. Das war schön romantisch. Danach war ich schon ein bisschen verliebt. Wir haben nicht viel geschlafen diese Nacht und ich wollte mich nicht verabschieden.

Zurück in Santa Cruz

Wir mussten am nächsten Tag das Auto in Torres Vedras zurückbringen, also keine andere Möglichkeit.

Wieder in Santa Cruz angekommen, gingen die SMS hin und her. Ich wollte nur zurück. Gesagt, getan. Ich probierte meinen Vater zu überreden, mir für 3 Tage sein Auto zu leihen, aber es stellte auf stur. Es gab einen riesen Streit, wir hatten sowieso unsere Probleme und dann behandelte er mich noch wie ein kleines Kind. Ich packte Sabine und wir gingen los, dabei verstauchte mir den Fuß, aber das war mir egal. Ich humpelte zum Bus und wir fuhren nach Torres Vedras. Dort überredete ich den Mietwagenbesitzer davon, uns den Wagen nach einmal ohne Kreditkarte und ohne Unterstützung von meinem Vater zu überlassen. Das Gespräch führte ich auf Portugiesisch, da er kein Englisch konnte. Wo ein Wille….                             

Dazu müsst ihr wissen, dass bei uns zu Hause nie Portugiesisch gesprochen wurde und ich nur als Kind in den Urlauben ein bisschen aufgeschnappt habe.

Wir mussten einfach nach Lagos. Was soll ich sagen, es hat geklappt. Sabine stand nur mit offenem Mund da, sie hatte versucht mir klar zu machen, dass wir es nicht schaffen werden. Dann schnell zu meinem Vater und die Koffer gepackt und weg.

Algarve, die Zweite

Ich fühlte mich super, hatte mich durchgesetzt und nicht aufhalten lassen. Ich würde bald meinen Portugiesen wiedersehen.

Dieses Mal waren wir natürlich routiniert in allem und haben uns direct mit dem Portugiesen getroffen, am Meer. Wir verbrachten schöne Tage und Nächte.

Nun mit Abstand betrachtet, waren da schon viele Anzeichen zu erkennen, dass mit dem Portugiesen etwas nicht stimmte, aber die rosarote Wolke und die Sprachbarriere haben dafür gesorgt, dass ich es nicht wahrnahm.

Auch was Sabine eigentlich die ganze Zeit gemacht hat, weiß ich nicht mehr, aber glücklicherweise ist sie immer schon sehr selbstständig gewesen.

Nach 3 entspannten Tagen ging unser Flug von Lissabon nach Düsseldorf und wir mussten erst noch nach Torres Vedras und dann mit vielen Bussen irgendwie zum Flughafen kommen. Also habe ich mich unter Tränen von meinem Portugiesen verabschiedet und besprochen, dass er mich in Krefeld besuchen kommt. Ich war todtraurig und wollte nicht nach Deutschland zurück. Da wartete doch nichts auf mich.

Kurze Zusammenfassung von dem, was danach passierte

Mein Portugiese kam wirklich nach Krefeld und er versuchte durch Kontakte zu anderen Portugiesen Arbeit zu finden. Das hat alles nicht geklappt und wir beschlossen, dass ich nach Portugal umziehe. Was ein Wahnsinn. Ich war immer diejenige, die alles unter Kontrolle haben musste. Nun begab ich mich in ein Land, ohne die Sprache zu sprechen und um mit einem Mann zusammen zu wohnen, den ich nicht wirklich gut kannte. Ich hatte auch keine Arbeit, da ich erst die Sprache sprechen musste. Das habe ich zu dieser Zeit überhaupt nicht so gesehen. Ich wusste, dass es so passieren musste. Es war mein Schicksal.

Nach meinem Burnout und all den Dingen, die ich in der Therapie herausgefunden habe, war das genau der richtige Schritt, um endlich die jahrelang eingeschlossene und unterdrückte Olivia zu finden. Wo ginge das besser als in dem Land meines Vaters, wo immer die Sonne scheint und die Menschen so entspannt sind, also alles so anders, als ich es gewohnt war.

Meine Freunde unterstützen mich sehr in meiner Entscheidung und meine 2 besten Freundinnen haben mich sogar mitsamt Anhänger und dem wichtigsten Hab und Gut nach Lagos gebracht. Das waren die schönsten 2 Wochen, die ich bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte. Im September mit allen Menschen, die ich liebte, meinen Geburtstag am Strand Praia da Batata zu feiern, am Lagerfeuer. Großartig!

In Krefeld habe ich alles gekündigt und ein paar Sachen bei meiner Mutter untergestellt. Kein Hintertürchen offen gelassen. Ganz nach meinem Motto ” Alles oder Nichts” .

Ein neues Leben hat für mich begonnen und ich habe es nie bereut.

 

Alles Liebe,

Olivia

Ich freue mich über alle Reaktionen sowie Fragen, Kritik, Ergänzungen oder Erfahrungen.