Anderen mitzuteilen wie wir uns wirklich fühlen, welche Ängste wir haben, bedeutet daß wir uns selber ernst nehmen, zu uns stehen, uns verbinden mit anderen. Das ist für mich Integrität.

Die Teile in mir, die das versuchen zu verhindern, handeln aus Angst, sie wollen mich beschützen. Bloß stark sein, normal sein, nicht auffallen, keine Angriffsfläche bieten.

Ich selber zu sein, bedeutet für die Teile, nicht dazuzugehören, abgelehnt zu werden, weil ich so anders bin als alle anderen , so viele Abgründe zu haben, zu sensibel zu sein, so viele alte Wunden mit mir rumzutragen, esssüchtig bin und essgestört. Ein Alien unter all den Menschen, der versucht nicht erkannt zu werden und so zu leben wie sie. Immer diese große Angst erkannt und ausgestoßen zu werden.

“Laß es alles einstürzen”

Heute morgen dachte ich “Laß es alles einstürzen”. Nach außen hin bin ich eine gute Mutter, eine gute Krankenschwester, eine gute Hausfrau,  ich will eine gute Ehefrau sein und dabei auch noch entspannt, lustig, gut organisiert, mich einbringen in die Nachbarschaft, Freundschaften aufrecht erhalten,  in der Schule engagieren,…. .

Aber die Wahrheit ist, daß es mir nicht gut geht, mein Körper nicht mehr mitmacht wie früher,  ich diese Belastung, diese Diskrepanz zwischen der Realität und dem Bild was ich aufrecht erhalten möchte, nicht mehr so gut aushalte wie früher.

Trotzdem jagen meine Teile mich weiter, lassen mich nicht innehalten, keine Pause machen. Meine Umgebung kommt gar nicht auf die Idee mich zu entlasten, weil ich ja immer alles irgendwie stemme.

Diese Überforderung verlangt nach Ruhe, nach dem Moment des Nichts, das Essen war und ist das Mittel, mir diese Entspannung zu geben, ein Mittel, das ich vor 40 Jahren erlernen musste, um zu überleben.

“Laß alles einstürzen” bedeutet, sei integer, du bist krank, du brauchst Hilfe, du kannst nicht so weiter machen als wäre nichts, nimm dich ernst. Surrender! Bin ich bereit für den Surrender? Mit all meinen Teilen?

Bright zu sein bedeutet das für mich, meine geistige und körperliche Gesundheit ernst zu nehmen und mir treu zu sein.

Jedes Mal wenn ich binge, breche ich mit meiner Integrität und öffne den Raum für meine inneren Kritiker, die mich so dafür verurteilen. Ich gebe meinen Teilen, die mich als Kind gerettet haben, die Regie und verliere die Verbindung mit meinem Selbst.

Wenn ich dann im Ditch bin, mich selber dafür kritisiere, die Hilferufe meines Körpers nicht ernst nehme, diese Krankheit, diese Abhängigkeit mich in ihrem Griff hat, dann ist da kein Platz für Verbindung, für Selbstmitgefühl, für Dankbarkeit, aber genau das hilft bei der Genesung.

Nach meinem letzten Beitrag, den ich auch öffentlich auf meiner Facebook Seite gepostet habe, war ich drauf und dran ihn von dort wieder runterzunehmen, weil ich auch Kollegen von der Arbeit als Freunde habe und sehr viele Menschen in den Niederlanden auch deutsch können. Jedes Mal wenn ich eine Kollegin sah, war da wieder diese Angst, auch bei den Müttern vor de Schule und den Bekannten.

Ich habe ihn auf Facebook gelassen, weil auch diese Seite zu mir gehört und ich mir wünsche, daß mehr Menschen sich öffnen und über ihre Probleme reden, mögen sie noch so düster und für uns unaussprechlich und schmerzhaft sein. Wir sind nicht allein, es gibt viele Esssüchtige, auch mit Essstörungen.

Liebe Grüße,

Olivia